Für das 1,5° Ziel bleiben uns noch rund 6 1/2 Jahre, bis zu denen wir zu einer CO2-neutralen Wirtschaftsweise gefunden haben müssen. Weltweit.
Wie kann das gehen?
Unser Wirtschaften braucht Energie. Erneuerbare Energien, Wind, Sonne, Wasser – und auch Biomasse – liefern genug und mittlerweile auch zu konkurrenzfähigen Preisen. Allerdings nicht zwingend dort und dann, wenn die Energie gebraucht wird. Wind weht vor Schottland, die Sonne scheint am intensivsten im Sommer tagsüber, wenn wir nicht heizen wollen und es sowieso hell ist.
Es besteht also ein Speicher- und ein Verteilproblem.
Strom, die Hauptlieferungsform unserer Energie in die Haushalte, ist an die Netzkapazität gekoppelt. 13,8 Twh Strom – genug für den Jahresverbrauch von 100.000 Haushalten – sind im Jahr 2018 in Offshore-Windparks abgeregelt worden, weil sie nicht ins Netz eingespeist werden konnten.
Der Ausbau der Stromnetze geht nicht schnell genug voran, um die wachsenden Produktionskapazitäten zu transportieren. Und es fehlt an Speichermöglichkeiten, Überkapazitäten vorübergehend abzufedern und in der berüchtigten „Dunkelflaute“ wieder zur Verfügung zu stellen.
Wasserstoff und die daraus mit CO2 aus der Luft synthetisierbaren Kohlenwasserstoffe bieten sich an. Die Technologie der Elektrolyse ist im chemischen Produktionsprozess von Chlor und Natronlauge (Chlor-Alkali-Elektrolyse) erprobt, Wasserstoff lässt sich mittlerweile sicher speichern, als synthetisiertes Methanol sogar drucklos lagern und transportieren, die Verwertung mittels Brennstoffzelle oder bei SynFuels mit den üblichen Verbrennern ist verbreitet – und sichert sogar der Verbrennertechnologie ein weiteres Überleben.
Dem steht entgegen, dass durch die aktuellen Gesetze fossile Brennstoff wie Öl, Kohle und Gas subventioniert werden, der Wasserstoffwirtschaft aber eine Anschubförderung fehlt – hauptsächlich dadurch bedingt, dass die Klimaschädlichkeit von CO2 nicht bepreist wird. Fachleute halten einen CO2-Preis pro Tonne von ca. 135€ für angemessen. Solange dieser nicht erreicht ist, wird quasi auch der Verbrauch von fossilen Brennstoffen subventioniert.
Referenz: Antragsentwicklung Förderantrag im Rahmen des Programms „Reallabore der Energiewende“ des BMWi, Anlage für die Produktion von grünem Methanol
Referenz: Planung einer Elektrolyseanlage für grünen Wasserstoff >10MW mit Erschließung des Abnahmemarktes
Der Ausbau der Infrastruktur – Tankstellen, Fahrzeuge – muss vorangetrieben werden. Vor allem im Bereich LKW ist die Wasserstofftechnologie der kürzeren Betankungszeiten wegen der Batterieelektrik überlegen. CO2-Vorgaben für Schwerlastflotten, ähnlich den Vorgaben für Automobilhersteller, sind ein gangbarer Weg.
Neben dem Denken im großen Stil der gesamtwirtschaftlichen Energiewende kann auch auf lokaler Ebene Nachhaltigkeit vorangetrieben werden. Die systematische Überprüfung von Heizanlagen öffentlicher Gebäude, städtischer Flotten und städtischer Entwicklung (Andernach z.B. baut auf öffentlichen Grünflächen Nahrungsmittel an und vermarktet sich als „essbare Stadt“), Infrastruktur wie ÖPNV und Abfallbehandlung bieten viele Ansatzpunkte hin zu einem nachhaltigeren Umgang mit Ressourcen. Die energetische Verwertung von Klärschlamm durch Pyrolyse zur Erzeugung von Strom und Kohle wie z.B in Unkel am Rhein, lokale Biomasse-Blockheizkraftwerke, Heizungskonzepte für Klinikbauten und Nutzung von öffentlichen Dachflächen für PV sind einige Beispiele, deren Entwicklung aktuell z.B. im Rahmen eines Programmes der KfW gefördert werden.
Referenz: Dekarbonisierungskonzept Privathaushalt
Am herausforderndsten ist allerdings das Denken im globalen Maßstab. Nicht nur die Einbeziehung einer Energiewende für Länder, die weniger entwickelt sind als die EU, in die Umgestaltung von Energie- und Versrorungsströmen, sondern auch die technologische Herausforderung, wie wir den Dreck wieder weg machen – ein, wenn auch kleinerer, weiterer Verbrauch fossiler Rohstoffe, und die damit einhergehende notwendige „Beseitigung“ der CO2-Emissionen erfordert Technologien zur sicheren CO2-Abscheidung aus Abgasen und Umwelt. Die Schweizer Firma Climeworks unterhält auf Island ein Testprojekt zur Verpressung von CO2 mit Wasser in Basalt, wo es chemisch gebunden wird. Bill Gates investiert ebenso in die CO2-Abscheidungstechnologie. Das Google-Spin-off Makani Power will statt Windspargel Tragflächen-Drachen im Wind kreisen lassen, um mit weniger Aufwand (Die Kosten für die Turbine belaufen sich bei Windanlagen nur auf 30%, der Rest sind Fundament und Tragrumpf) mehr Energie zu „ernten“.
In der Wasserstoff-Strategie der Bundesregierung ist ein „Hunger“ nach Importen „grüner“ Energie fest eingeplant – Wasserstoff aus Nordafrika, SynGas Arabien oder Methanol Australien? Erste Schritte in diese Richtung sind sichtbar. Aber bis auch die Petroleumlampen in Amazonashütten durch Solarleuchten ersetzt sind (die wiederum nicht aus Plastik bestehen sollten), ist es ein weiter Weg.
Der Umbau des Schiffsverkehrs auf „grünen“ Antrieb ist eine große Herausforderung. Der Umbau des Fischverzehrs auf „grüne“ Aquakultur und nachhaltige Befischung genauso 🙂 Wir müssen die weltweiten Ressourcenströme auf Nachhaltigkeit überprüfen. Eine Aufgabe für künstliche Intelligenz und Big Data.